C. Bertelsmann Verlag | Belletristik | 2016 | 512 Seiten
Jodi Picoult zählt ja zu meinen absoluten Lieblingsautorinnen.
Ihre Romane drehen sich stets um interessante Kernthemen, um die sie dann eine Geschichte webt. Um Themen, die von einer inneren Zerrissenheit erzählen, gesellschaftskritische oder brisante Themen, Themen, bei denen es nicht immer nur schwarz-weiß gibt, Randthemen in einer Grauzone, die dann sehr emotional und oftmals aus verschiedenen Perspektiven aufgearbeitet werden.
Genau diese Mischung machen ihre Bücher für mich zu etwas ganz Besonderem und ich kann ihre Bücher alle uneingeschränkt empfehlen!
Vor einiger Zeit habe ich euch schon mal ein Buch von ihr vorgestellt: Kleine große Schritte – Jodi Picoult
Heute möchte ich ein Weiteres vorstellen, das ich bereits vor längerer Zeit las, welches aber wunderbar zum Thema „Mutter-Sein“ passt:
Die Spuren meiner Mutter
Klappentext: Die dreizehnjährige Jenna sucht ihre Mutter. Alice Metcalf verschwand zehn Jahre zuvor spurlos nach einem tragischen Vorfall im Elefantenreservat von New Hampshire, bei dem eine Tierpflegerin ums Leben kam. Nachdem Jenna schon alle Vermisstenportale im Internet durchsucht hat, wendet sie sich in ihrer Verzweiflung an die Wahrsagerin Serenity. Diese hat als Medium der Polizei beim Aufspüren von vermissten Personen geholfen, bis sie glaubte, ihre Gabe verloren zu haben. Zusammen machen sie den abgehalfterten Privatdetektiv Virgil ausfindig, der damals als Ermittler mit dem Fall der verschwundenen Elefantenforscherin Alice befasst war. Mit Hilfe von Alices Tagebuch, den damaligen Polizeiakten und Serenitys übersinnlichen Fähigkeiten begibt sich das kuriose Trio auf eine spannende und tief bewegende Spurensuche – mit verblüffender Auflösung.
Dieses Buch gehörte für mich mit zu ihren Besten. Gar nicht unbedingt von der Story her, obwohl die auch wieder sehr spannend war! Aber vor allem und gerade wegen – der Elefanten. Und dem ausführlichen Hintergrundwissen zu ihnen.
Jodi Picoult hat hier intensiv recherchiert.
Trauma und Gedächtnisforschung bei Mensch und Tier finden eine sehr spannende Aufarbeitung.
Da ich mich kurz zuvor auch mit der Gedächtnisleistung bei Traumata beim Menschen beschäftigt habe, war die Entdeckung einiger Parallelen für mich besonders beeindruckend und dies machte das Lesen nochmal um einiges intensiver für mich!
Und so steigt Jodi Picoult innerhalb der Erzählung tief in die Thematik der Traumaverarbeitung und Trauer, insbesondere bei Elefanten, ein. Elefanten betrauern ihre Toten und begraben sie. Sie haben ein unglaublich sensibles Gespür für Emotionen ihrer Artgenossen und nehmen sehr, sehr feinfühlig wahr. Ihr Gedächtnis ist hervorragend, sie können sich an lange zurückliegende Ereignisse sehr gut und detailreich erinnern. Sie vergessen nicht. Sie haben ein sehr hoch ausgebildetes Sozialwesen und pflegen innigen Körperkontakt zu anderen Elefanten ihrer Herde. Muttertiere tun alles, um ihr Kind zu beschützen.
Die Geschichte entwickelt eine richtige Sogwirkung, man wird regelrecht in den Bann um das faszinierende Wesen von Elefanten gezogen. So sehr, dass man geradezu das Gefühl hat, sich hinterher noch mehr mit den empathischen Dickhäutern beschäftigen zu wollen.
Dabei zieht Jodi Picoult immer wieder auch die Parallelen zum Menschen – und zur Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Die Autorin verwebt hier großartig die Erzählstränge der einzelnen Personen zu einem großen Gesamtbild, das sehr facettenreich gestaltet ist, man fiebert mit, man rätselt mit, man staunt über die Elefanten, bis es am Ende nochmals zu einem Wow-Effekt kommt. Und gerade das Nachwort zur aktuellen Situation von Elefanten (Wilderer, Elfenbeinhandel, Zoo- und Zirkushaltung) haben mich sehr berührt.
Eine sehr emotionale Geschichte über Verlust, Trauer und tiefe Bindungen!
Übrigens: Forscher gehen davon aus, dass es auf der ganzen Welt keinen einzigen Elefanten gibt, der in seiner Kindheit nicht mit ansehen musste, wie ein nahes Familienmitglied (in der Regel Leittiere) getötet wurde von Menschen und die meisten noch lebenden Tiere traumatisiert sind. Da in der Regel auf Leittiere (wegen der großen Stoßzähne) Jagd gemacht wird, kann der Verlust dieser einzelnen Tiere als Träger wichtiger Informationen mitunter für das Überleben einer ganzen Population verantwortlich sein. (siehe S.125, Das Mysterium der Tiere, Rezension hier)
Danach suche ich mal in der Bibliothek, das könnte ggf. etwas für mich sein. 🙂
Liebst Elisabeth-Amalie von Im Blick zurück entstehen die Dinge