Viele Worte möchte ich zu diesen beiden Büchern gar nicht schreiben, denn diese Bücher sollte meiner Meinung nach wirklich jeder Mensch selbst gelesen haben – gegen das Vergessen!
Je mehr Zeit vergeht, desto weniger bleibt noch die Möglichkeit die letzten Zeitzeugen des Holocaust zu hören. Umso wichtiger sind dann solche Erfahrungsberichte, die uns in Erinnerung rufen, was geschah – und niemals mehr geschehen darf. Takis Würger hatte mit Noah Klieger eine der letzten Chancen, die Geschichte eines Holocaust- Überlebenden zu Papier zu bringen, um sie für nachfolgende Generationen festzuhalten. So bleiben uns am Ende zwar noch Filme und Romane, und das ist auch wichtig, doch die Worte eines Zeitzeugen haben eine ganz andere Wirkung, sie transportieren das Geschehene von der Ebene einer anonymen Masse auf die sehr persönliche Erfahrung eines Individuums und haben damit viel mehr Berührungskraft. Wenn Noah in Schulen von seinen Erlebnissen erzählte (so im Nachwort von „Noah“) dann wurden selbst Teenager, deren Interesse sonst wenig der Geschichte oder Kultur und vielmehr der Musik, der Popkultur, dem Freundeskreis und dem ersten Liebeskummer galt, ehrfürchtig still.
Ich wünsche mir, dass wir diese, uns nun bleibenden Dokumente wie Zeitzeugenberichte, aber auch Bücher und Filme, an unsere Kinder, Enkel und Urenkel weitervermitteln, als Mahnmal für den zukünftigen Umgang in Politik, Gesellschaft und im kleinen Miteinander, damit wir nie vergessen, damit wir nie das Einstige wiederholen!
Der Junge, der seinem Vater
nach Auschwitz folgte
Jeremy Dronfield
Droemer | 2019 | 464 Seiten
„Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte“ erzählt chronologisch und detailreich die Geschichte einer ganzen Familie. Wie unterschiedlich und gegensätzlich die Wege der Einzelnen gingen, und doch war am Ende der Preis für alle, für jede/n auf eine Weise sehr hoch. Das Beispiel einer Familie, die zersprengt wurde, wie so viele Familien. Doch die Einzelschicksale in den Lagern machen besonders betroffen.
Die Atmosphäre, die im Buch transportiert wird, ist dicht und beklemmend, obwohl es auch Momente der Hoffnung und Erleichterung gibt. Ich musste das Buch doch mehrere Male bei Seite legen, um das Gelesene zu verdauen. Es macht einfach sprachlos und fassungslos. Und doch ist es ein wichtiges Zeitzeugnis, da man sehr viele Einblicke in die damalige politische Situation und die Erlebnisse der Menschen in den Konzentrationslagern erhält. Es wirkte lange nach und veranlasste mich dazu, auch darüber hinaus mich nochmal weiter zu informieren.
Noah – Von einem, der überlebte
Takis Würger
Penguin | 2021 | 188 Seiten
„Noah – Von einem, der überlebte“ liest sich mit seinen knapp 190 Seiten trotz der Thematik etwas leichter, und macht doch nicht weniger betroffen, lässt ebenso still werden. Es handelt sich um bedeutsame Episoden aus dem Leben von Noah Klieger, die bis in die Zeit der ersten Schiffsüberfahrten nach Israel reicht, was ich sehr interessant fand. Denn mir war bisher nicht bewusst, wie viele Hürden den Juden bei der Einreise trotz der Staatsgründung gelegt wurden.
Dieses Buch sollte Pflichtlektüre in allen Schulen werden! Gerade auch das Nachwort bewegt und regt sehr zu Gesprächen an.
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Zwei Aspekte, die im Nachwort von Noah erwähnt werden, möchte ich auch nochmal besonders herausstellen:
In Filmen, Büchern und auch Erfahrungsberichten finden oftmals die traumatischsten, gewaltvollsten Ereignisse Raum, doch es sollte nicht vergessen werden, wie zermürbend allein das Durchhalten dieses oftmals so zeitlosen Fristen des Daseins, des Hungerns, der Kälte, des Ignoriertwerdens als Mensch, usw. war, wie schwer dies zu vermitteln ist.
(Einmalig und sehr gut beschreibt aber Viktor E. Frankl in seinem Buch „…Trotzdem Ja zum Leben sagen“ diesen Zustand, diese Wirkung auf die menschliche Seele, auf das So-Sein, so dass man einen Einblick in innerpsychische Dynamiken erhält, der in Filmen und Büchern sonst eher verborgen bleibt.)
Und: dass, auch wenn diese Geschichten und Erfahrungsberichte mit der Befreiung aus den Lagern und dem Überleben in ein möglicherweise langes Leben mit durchaus glücklichen Episoden mündeten, das erfahrene Trauma nicht hier endete, sondern stets auf dem gesamten Lebensweg bis in den Tod begleitend da war – in Form von Schmerz, Flashbacks, Erinnerungen, Alpträumen, körperlichen und psychischen Folgeerscheinungen, Verlusten, die niemals ersetzt werden konnten.
Hallo Kathrin 🙂
Da komme ich doch gerne für einen Gegenbesuch bei dir vobei! 🙂
Ich habe bisher schon einige Bücher zum Holocaust gelesen, die mir allesamt sehr nahe gegangen sind. Die beiden von dir vorgestellten Bücher kannte ich tatsächlich noch nicht! Deiner Meinung zu den Zeitzeugenberichten stimme ich dir absolut zu. Ich finde es auch wichtig, dass das Thema durch die Weitererzählung von individuellen Geschichten aus dieser Zeit niemals vergessen geht.
„Der Junge, der einem Vater nach Auschwitz“ folgte, erinnert mich ja ein bisschen an „Der Junge im gestreiften Pyjama“, das mich ebenfalls sehr berührt hat. Hast du das Buch auch gelesen?
Auch Noah klingt nach einem wichtigen Buch, das ich mir näher anschauen werde.
Vielen Dank für diese beiden wichtigen Buchempfehlungen!
Liebe Grüsse
Mel
Liebe Mel,
danke für deinen Besuch und deinen Kommentar:)
Ja, das Cover erinnert tatsächlich etwas an „Der Junge im gestreiften Pyjama“, das ging mir auch so.
Ich kenne sowohl das Buch als auch den Film und fand beides sehr erschütternd und empfehlenswert.
Dennoch ist „Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte“ ganz anders vom Stil, eher biografisch und auch sehr viel umfassender von den Hintergrundinformationen.
Liebe Grüße, Kathrin