„Integrative Somatic Trauma Therapy“ – The Embody Lab:
Meine Erfahrung
Ende des letzten Jahres nahm ich am „Integrative Somatic Trauma Therapy Certificate-Program“ von The Embody Lab teil.
Von dieser Erfahrung möchte ich heute berichten.
So viel vorweg: es war eine unglaublich bewegende Reise!
Aufgrund meiner eigenen Geschichte beschäftige ich mich viel mit Hintergründen, Therapie und Wegen bei Trauma.
Dabei orientiere ich mich zunehmend im englischsprachigen Raum, denn dort sind die Forschungen auf neurobiologischer und psychophysiologischer bzw. auf somatischer Ebene schon um einiges weiter.
Die Disziplin der Psychotraumatologie ist generell noch eine sehr junge Disziplin und die Forschung steckt eher noch in den Kinderschuhen.
Doch konnten bereits wichtige Erkenntnisse über die Zusammenhänge von psychischen Belastungen und Traumaerfahrungen bzw. Verarbeitungsprozessen von Nervensystem und Gehirn und daraus resultierenden Psychodynamiken gewonnen werden.
Nur da besteht noch viel Aufklärungsbedarf, selbst unter behandelnden Personen.
Der Blick auf psychische Erkrankungen ist hierzulande nach wie vor sehr geprägt von der Sicht aus der Zeit der Freud’schen/ Jung’schen Psychoanalyse.
Im Psychologiestudium und in Ausbildungen für Psychotherapeut:Innen spielt Trauma kaum bis gar keine Rolle. Dazu braucht es weitere Fort- und Ausbildungen.
Doch da reicht die Bandbreite von Wochenendkursen bis hin zu mehrjährigen Ausbildungen.
Das ist leider wenig bekannt und so gehen die meisten davon aus, dass TherapeutInnen grundsätzlich Ahnung davon haben.
Viele sind jedoch nicht genügend darin ausgebildet, Trauma zu erkennen bzw. Heilungsprozesse dann auch angemessen zu begleiten.
Die Diagnose der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung ist sogar erst dieses Jahr (Jan. 2022!) erstmalig in das ICD-11, das Diagnosemanual sämtliche Krankheiten aufgenommen worden!
Als Begleitung für meine eigenen Prozesse suche ich stets nach Möglichkeiten und Wegen und beschäftige mich dementsprechend auch mit der Fachwelt und dem aktuellen Forschungsstand.
Integrative Somatic Trauma Therapy Certificate-Program
Dem Algorithmus sei Dank 😉 kam ich so auf das Fortbildungsinstitut „The Embody Lab“ in Amerika, das erstmals ein einzigartiges, weltweites 60-Stunden-live-
Schon allein die Namen der Unterrichtenden, von denen einige zu den derzeit anerkanntesten ForscherInnen auf dem Gebiet gehören, sprach mich sofort an!
Ich entschied mich also für die Teilnahme und bekam am Ende so viel mehr Wert als ich zunächst dachte!
Dieses Programm war so beeindruckend, überaus sensibel, feinfühlig, dass ich es von ganzem Herzen empfehlen mag!
Im September startete ich in das „Integrative Somatic Trauma Therapy Certificate-Program“ und erhielt – zusammen mit vielen anderen Teilnehmenden weltweit, Unterricht bei:
- Dr. Peter Levine (Somatic Experiencing)
- Dr. Arielle Schwartz (C-PTSD, EMDR)
- DR. Pat Ogden (Sensorimotor Psychotherapy)
- Kekuni Minton (Sensorimotor Psychotherapy)
- Manuela Mischke-Reeds (Hakomi, Embodiment)
- Dr. Stephen Porges (Polyvagaltheorie)
- Deb Dana (Polyvagaltheorie)
- Dr. Albert Wong (Focusing)
- Staci K. Haines (Politics of Trauma)
- Sherri Mitchell (Transgenerational Trauma, Indigenous Perspective)
- Nkem Ndefo (Resilience, Integrations)
- v.a.
Die Direktoren Dr. Scott Lyons (EmbodyLab-Gründer), Dr. Arielle Schwartz (weit anerkannte Traumatherapeutin) und Nkem Ndefo (internationale Resilienztrainerin für Communities und Organisationen in der Prävention von Trauma, Gewalt und Rassismus) leiteten dabei das Rahmenprogramm und weitere Integration-Sessions.
Das Programm war fortschreitend (aufbauende Einheiten), multimodal und „crosscultural“ (z.B. lehrten auch BIPoC über traumatische Rassismuserfahrungen und deren transgenerationale Auswirkungen).
Auf durchweg hohem Niveau wurde sowohl neurobiologisches Fachwissen aus der aktuellen Traumaforschung, über Körper-, Gedächtnis- und psychodynamische Verarbeitungsprozesse bei Traumaerfahrungen vermittelt, sowie viele diverse praktische Tools für die Prozession auf somatischer Ebene. Gleichzeitig wurden auch die strukturellen und gesellschaftlichen Dynamiken von Trauma thematisiert.
Denn Individualisieren von Trauma bedeutet, dass Problem und Verantwortung Betroffenen allein zugeschoben wird. Doch um „on-going trauma“ zu beenden, müssen wir als Gesellschaft Trauma in seinen Auswirkungen verstehen, wir dürfen es weder ausblenden, noch individualisieren, sondern müssen es auf eine systemische, politische Ebene heben und in dem Kontext betrachten, in dem es stattfindet, in dem Trauma, Tabuisieren und damit das Ausgrenzen bzw. Alleinbleiben der Betroffenen erst ermöglicht wird (Familien-, soziales, Institutions-, Regierungs-System usw.).
Sensibel, transparent, somatisch integrativ
Die Fortbildung war für mich mehr als bewegend und persönlich sehr bereichernd!
Hatte ich zunächst noch über dem Preis gezögert, merkte ich schnell, dass dieses Programm jeden einzelnen Cent wert war.
Bereits in den ersten Sessions war abzusehen, dass hier viel Qualität und Professionalität drinsteckte!
Am Ende ging das Programm weit über reine Wissensvermittlung hinaus und ich gewann Erfahrungen auf einer transformierenden, persönlichen Prozessebene, auf einer viel tieferen Ebene, als ich es zu Beginn gedacht habe.
Ich nahm in erster Linie für mich persönlich teil, doch das Programm vereinte so professionell Menschen aus aller Welt und so verschiedenen privaten bzw. beruflichen Backgrounds, dass es beeindruckend war!
Die Stimmen aus der Community teilten immer wieder eins: berührt und überwältigt zu sein von der Einzigartigkeit der Atmosphäre dieses „oustanding program“.
Es waren nicht nur die Lerninhalte und der Aufbau des Programms, es war die Art der Präsentation und die Verbundenheit, die die Fortbildung so außergewöhnlich machten.
Es war der Raum, der kreiert wurde: ein sicherer, wertfreier und transparenter Raum.
Es war die Art der Begegnung.
Im Mittelpunkt standen die Begegnung in der Verbundenheit: mit sich selbst, mit anderen.
Die Lehrenden verkörperten mit ihrem ganzen Sein das, was sie lehrten: „They really walked their talk“: authentisch, fühlbar, traumasensibel, ganzheitlich – in jeder einzelnen Kurseinheit.
Das Lernen war stets begleitet von einer feinfühligen und integren Atmosphäre.
Die transparente Grundhaltung, dass wir alle Lernende sind, Lehrende und Teilnehmende, ermöglichte eine Begegnung auf einer gleichwürdigen Ebene tiefer Verbundenheit und öffnete somit einen Raum für Expansion und ganzheitliche Integration:
Es wurde ein Raum geöffnet, in dem es allen Seiten möglich war, sich auf eine Art verletzlich zu zeigen, so dass auch persönliche Transformationsprozesse Teil der Reise sein konnten.
Es gab so viele berührende Momente, in denen eigene Prozesse kommuniziert wurden, auf beiden Seiten, bei Lehrenden und Teilnehmenden, Emotionen Raum hatten und das machte das ganze wirklich „somatisch integrativ“.
Expansion, Transformation und ein „embodied safe space“
Ich habe viel über Verbundenheit gelernt. Die ganzheitliche Erfahrung von Expansion, Verkörperung und Integration war für mich neu und nachhaltig bewegend. Viele Male war ich zu Tränen gerührt angesichts so viel Feinheit, Wertschätzung und Resonanz.
Besonders zeigte sich das in den „Integration-Sessions“, in denen das Gelernte auf eine Art im Innern bewegt wurde, dass es eben nicht nur auf einer kognitiven Ebene blieb, sondern somatisch-integrativ erfahrbar, spürbar wurde. Auf dieser tieferen, einer Herzens- bzw. Verbundenheitsebene, war es dann auch möglich, Transformations- und heilsame Prozesse direkt zu erleben. Oftmals wurden dabei auch berührende Zeugnisse von Teilnehmenden abgegeben.
Mich erinnerte es an das, was Johannes B. Schmidt („Der Körper kennt den Weg“) als einen „heiligen Raum“ in der Therapie bezeichnet. Ein „holding space for others“, ein „embodied safe space“.
Im Gedächtnis blieben mir auch der sanfte Umgang mit auftauchenden Themen, es gab keine Tabus, was auch immer auftauchte innerhalb der Fortbildung und Community, wurde mit einer würdigenden Haltung und in Verbundenheit behandelt.
Meine Reise
Die Erfahrungen, die ich während der Zeit des „Integrative Somatic Trauma Therapy“-Programms machen durfte waren für mich von unglaublichem Wert.
Mit all den theoretischen und praktischen Inhalten erhielt ich ein unglaublich wertvolles Geschenk, das mir hilft, auf Begegnung und Verbundenheit nochmal ganz anders zu schauen, auf mich, auf Zwischenmenschliches, vor allem auf das, was der Körper spricht, auf die Sprache ohne Worte.
Mehr ins resonante Spüren und damit mehr in die Verbindung zu mir selbst zu kommen.
Ich staune immer mehr über die Weisheit unseres Körpers.
Wichtige Learnings waren für mich natürlich zum einen ein reiches Wissen über Physiologie (Nervensystem, Gehirn, Psychodynamik) von Trauma, aber auch ganz praktisch der Umgang im Miteinander, die Verbundenheit, das Embodiment und die Expansion von Erfahrungen in den Körper, das langsame (!) Bewegen von Themen auf einer somatischen, integrativen Ebene und natürlich mein Nervensystem besser lesen zu lernen:)
- „Power of slow-presence“: in der Stille, im Langsamwerden, im Spüren der Resonanz, im Entfalten kann erst Verbundenheit entstehen
- „Go slow“ : langsam (re-)agieren, das Nervensystem entlasten und so Sicherheit aufbauen
- „Connection in the pause“: die Pause vor der Reaktion, in der eigenen Resonanz bewegen und hineinspüren
- „Mindful presence“: to attune inwards to get in connection (to myself and then to others)
- Body Wisdom: Observing the body as source of information, as a witness – trust the body! = Tracking and contacting
- The body always responds to and is interactive with direct environment!
- Being in contact with ourselves IS traumawork
- CONNECTION is key
- More BEING, instead of fixing the problem (in Verbindung sein mit dem Gefühl, statt schnell zu beenden oder aufzulösen)
- „Regulation is not being calm – it’s connection!“
- Expansion and Transition through a somatic way, an embodied way
- „There are other ways of knowing“ (than cognition)
- „Being curious, what shows up next (inside) – without judging or the need to change“
- Trauma is not individual!
- „It‘s not about changing the thoughts, but about changing the signals to the nervous system“ (Peter Levine)
- „Both/and“ instead of „either/or“!
- außerhalb des Window of Tolerance ist das Nervensystem nur ansprechbar über die 5-Sinne-Kanäle, Körperempfindungen, Bewegung (keine Kognition und keine Emotion!)
Ich bin wirklich unglaublich froh und dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, hier teilzunehmen!
Es hat mich in der Tiefe bereichert und ich kann dieses Programm als auch die Faculty sehr empfehlen! (unbezahlte Werbung – und zwar von ganzem Herzen!)
Im Herbst 2022 wird es übrigens wieder die Möglichkeit für das „Integrative Somatic Trauma Therapy Certificate Program“ geben! (Vormerken ist bereits möglich)
Unterdessen werden auch weitere Kurse angeboten.
Mehr dazu findet ihr auf www.theembodylab.com